02/07/2024 0 Kommentare
Karfreitag
Karfreitag
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Karfreitag
Karfreitag
Eine nette, junge und geduldige, Kassiererin wünscht mir „Frohe Ostern“ als ich heute am Gründonnerstag noch den Rhabarber kaufe, den ich vergessen hatte – für einen Osterkuchen. „Danke ihnen auch“ erwidere ich und trage den Rhabarber durch die Sonne hindurch nachhause.
So froh kann ich gerade nicht sein: Heute früh erreichte mich die Nachricht, dass ein Kollege, mit dem ich in einer Vikariatsgruppe war, gestern an Krebs gestorben ist. Werde ich von dem fröhlichen Tommi Abschied nehmen können? In diesen Zeiten wahrscheinlich nicht.
So froh kann ich gerade nicht sein:
Tief in mir ist verwurzelt, dass diese Tage – Gründonnerstag, Karfreitag, Samstag – bevor wir in einen befreienden Osterjubel ausbrechen können, eine sehr eigene Prägung haben. Besonders der Karfreitag war früher ein stiller Tag, der mich als Kind und Jugendliche immer tief und intensiv berührte – gerade auch die Gottesdienste.
Heute hat der Karfreitag diesen eigenen Charakter weitgehend verloren. Doch in der Kirche, in diesem Jahr ohne Gottesdienst, schweigen Glocken und Orgel, der Altar leer, Flügelaltäre zugeklappt, Kerzen ausgelöscht, im Binsenort verdeckt ein riesengroßer Stein den heiligen Ort.
Zu Recht.
Es ist ein Tag zum Heulen. Karfreitag kommt vom althochdeutschen „kara“ und bedeutet Trauer, Klage, Kummer. Jesus wurde als Gotteslästerer und Aufrührer an den römischen Statthalter Pontius Pilatus überstellt. Der fand keine Schuld an ihm, ließ ihn aber aufgrund des öffentlichen Drucks auf Golgatha, einem Hügel bei Jerusalem, qualvoll kreuzigen.
Dass sogar Jesus Verrat, Gewalt, Einsamkeit, furchtbare Qualen erleben muss!
Warum lässt Gott das zu? Was ist das für ein Gott-Vater, der seinen Sohn so leiden lässt? Wenn Gott allmächtig ist, warum greift er nicht ein?
Ich habe darauf keine Antwort, ich weiß es nicht. Aber ich muss auch Gott nicht verstehen. Ich muss nicht verstehen, warum damals an Karfreitag alles so geschehen ist, wie es geschehen ist.
Viel wichtiger ist mir zu erkennen, dass Gott in Jesus eine totale Umkehr der Dinge zeigt: Der Tod, die Gewalt, die Macht laufen ins Leere.
Jesus starb, weil er eine Gefahr darstellte, politisch und religiös. Er starbt aus innerweltlichen Gründen und weil er sich nicht wehrte, nicht weglief, nicht Böses mit Bösem vergalt und weil, so glaube ich, Gott in besonderer Weise mit diesem Jesus war.
Mit der Erinnerung an Karfreitag ist das Leiden in unserem Leben, in dieser Welt bis heute hin eben nicht vergessen, nicht verdrängt, nicht das Scheitern und Trauern, nicht das Schuldigwerden und Verloren fühlen. Dass wir als Christinnen und Christen jedes Jahr wieder das Leiden bedenken, ist der Kern des Christentums: Wir sind keine Religion der Siegenden, ewig Fröhlichen, ewig Tanzenden, sondern wir glauben an einen Gott am Kreuz, paradox und unverständlich.
An Ostern können wir auf den Gräbern tanzen, weil der Tod seine Macht verloren hat. Aber vor dem Färben der bunten Eier als Zeichen der Auferstehung steht das Innehalten und das Wahrnehmen, was ist, zu dem Leiden und Sterben dazu gehören. Der christliche Glaube verklärt das Leiden nicht, sondern hält den Protest dagegen hoch. So werden die Leidenden nicht allein gelassen, denn Gott stirbt jeden Tod mit, und wir können gemeinsam nach Heil suchen.
Ja, der Tod gehört zu unserem Leben. Oft sterben geliebte Menschen oder Freundinnen und Freunde viel zu früh. Aber trotzig dagegen an glauben wir an einen Gott, der Leben schenkt über den Tod hinaus.
Einladung zum Gebet nach Worten von Lyida Lauch
Jesus, du Friedensbringer, gib uns deinen Frieden in unsere Angst, dass unsere Herzen nicht erschrecken. Du bist doch unser Friede heute und allezeit!
Jesus, du Liebhaber, deine Liebe fordert uns aus der Ohnmacht heraus und ruft uns zum Miteinander in deinem Namen. Erinnere uns, dass wir in der Liebe bleiben.
Jesus Du Ermutigender, Du hast uns erwählt, hinauszugehen, hinzusehen, mitzugehen, aufzustehen für Gerechtigkeit und Wahrheit. Feuere uns an, dir auf deinem Weg zu folgen!
Jesus du Überwinder, ans Herz legen wir dir die schreienden Kinder auf der Flucht, die Ohnmächtigen in der Heuschreckenplage in Ostafrika, die vielen Toten durch das Virus in der Welt. Wann wirst du Leid und Schmerz besiegen? Wie können wir DIR helfen?
Kirstin Kristoffersen
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